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Dr. Antje Harms

Kurzvita

Antje Harms studierte Neuere und Neueste Geschichte, Wissenschaftliche Politik und Gender Studies an den Universitäten Aachen, Toulouse und Freiburg. 2012 bis 2017 arbeitete sie als wissenschaftliche Hilfskraft und Büroassistenz an der Professur von Prof. Dr. Sylvia Paletschek; 2018 bis 2021 als wissenschaftliche Koordinatorin des Integrierten Graduiertenkollegs im Freiburger Sonderforschungsbereich 1015 „Muße. Grenzen, Raumzeitlichkeit, Praktiken“. Seit 2021 ist sie persönliche Referentin der Prorektorin für Universitätskultur an der Universität Freiburg. Ihre Dissertation wurde 2018 eingereicht und 2019 mit dem Monika-Glettler-Preis der Universität Freiburg ausgezeichnet.

 

Dissertationsprojekt (abgeschlossen)

Generation Geschlecht Gemeinschaft. Linke und rechte Jugendbewegte zwischen Wilhelminischem Kaiserreich und Weimarer Republik

 

Um 1913 formierten sich in der bürgerlichen Jugendbewegung zwei politische Strömungen, die sich selbst als links und rechts bzw. sozialistisch und völkisch bezeichneten und die Gesamtbewegung bis etwa 1921 nachhaltig prägten und politisierten. Dennoch wurden diese linken und rechten Gruppierungen bisher nicht hinreichend erforscht, oft sogar explizit aus der Geschichte der Jugendbewegung herausgeschrieben oder wie im Falle der Rechten verharmlost.

Die Dissertation nähert sich der bürgerlichen Jugendbewegung hingegen genau von diesen politischen Rändern her. Auf Basis eines kollektivbiographischen Samples von 100 Personen sowie anhand von jugendbewegten Zeitschriften und Selbstzeugnissen wird untersucht, was ‚links‘ und ‚rechts‘ in der Jugendbewegung zum einen in organisations- und ideengeschichtlicher, zum anderen in lebensweltlicher und biographischer Hinsicht bedeutete. Dementsprechend sind nicht nur die verschiedenen politischen Lager in der bürgerlichen Jugendbewegung zwischen etwa 1913 und 1921, sondern auch die Aktivist*innen und ihre politische Sozialisation zwischen Wilhelminischem Kaiserreich und Weimarer Republik von Interesse.

Aus einer akteurszentrierten Perspektive wird gefragt, wie jugendbewegte Frauen und Männer, Linke und Rechte sich mit Elternhaus, Schule, bürgerlichen Geschlechternormen, wilhelminischer Gesellschaft und politischer Kultur auseinandersetzten. Wie hingen Sozialisationserfahrungen, Politisierungsprozesse und eine linke bzw. rechte politische Einstellung zusammen? Welche Rolle spielten klassen-, geschlechts- und generationsspezifische Prägungen für politische Meinungsfindung und jugendliches Selbstverständnis? Und welche Bedeutung schließlich kam diesen für die Wahrnehmung und Deutung von Erstem Weltkrieg und der Revolution von 1918/19 zu?

Die Dissertation verortet sich im Bereich der historischen Generations- und Sozialisationsforschung und verbindet kultur- und geschlechtergeschichtliche mit politik- und sozialgeschichtlichen Fragestellungen. Sie befasst sich mit einem Zeitraum deutscher Geschichte, der sowohl enorme politische Umbrüche aufweist, als auch in sozialer und kultureller Hinsicht durch rapide Wandlungsprozesse gekennzeichnet ist. Damit leistet sie nicht nur einen Beitrag zum Verständnis der Jugendbewegung selbst, sondern auch zu wichtigen Fragen und Grundproblemen der deutschen Geschichte nach 1900, so etwa zur Debatte um das Kaiserreich als Obrigkeitsstaat und Untertanengesellschaft oder zur Darstellung des Ersten Weltkriegs als epochale Zäsur und zentrale Generationserfahrung.

Die Dissertation ist 2021 unter dem Titel „Von linksradikal bis deutschnational. Jugendbewegung zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik“ bei Campus erschienen. Weitere Informationen und Leseprobe unter https://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wissenschaft/geschichte/von_linksradikal_bis_deutschnational-16229.html#

 

Publikationen

  • Von linksradikal bis deutschnational. Jugendbewegung zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik, Frankfurt/New York 2021.

  • Bellicists, Feminists, and Deserters: Youth, War, and the German Youth Movement, 1914–1918, in: Honeck, Mischa/ Marten, James (Hg.): War and Childhood in the Era of the Two World Wars, Cambridge/New York 2019, S. 189–205.

  • „Den kämpfenden Freunden da draußen die Treue halten“. Zur Mobilisierung jugendbewegter Frauen und Männer an der ‚Heimatfront‘, in: Gerdes, Aibe-Marlene/ Fischer, Michael (Hg.): Der Krieg und die Frauen. Geschlecht und populäre Literatur im Ersten Weltkrieg, Münster 2016, S. 149–165.

  • Eine „Gemeinschaft von Volksbrüdern und –schwestern“. Geschlechterverhältnisse, politische Partizipation und nationales Engagement im Jungdeutschen Bund um 1919, in: Botsch, Gideon/ Haverkamp, Josef (Hg.): Jugendbewegung, Antisemitismus und rechtsradikale Politik. Vom „Freideutschen Jugendtag“ bis zur Gegenwart, Berlin/ Boston 2014, S. 134–151.
  • zus. mit Nina Reusch: Tagungsbericht Wie geht Geschlechtergeschichte? Workshop für NachwuchsforscherInnen. 08.02.2013-09.02.2013, München, in: H-Soz-u-Kult, 19.04.2013, <http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-4765> (23.07.2016).
  • Jugendbewegte Gemeinschaftsideen in geschlechtergeschichtlicher Perspektive, in: Historische Jugendforschung. Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung NF 7/2010, S. 95-110.
  • Feminismus übersetzen. Jugendbewegte Repräsentationen von Geschlecht und Gemeinschaft, in: Camus, Celine et al. (Hg.): Im Zeichen des Geschlechts. Repräsentationen, Konstruktionen, Interventionen, Königstein/T. (Helmer) 2008, S. 111-122.
  •  „Freiheit, Deutschheit, Jugendlichkeit!“ Jugendbewegung und politische Sozialisation in der Weimarer Republik, in: Freiburger GeschlechterStudien 22/2008, S. 243-260.
  • Staatsfeminismus versus Frauenreich. Frauenbewegte Ideen in der bürgerlichen Jugendbewegung, in: Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte 52/2007, S. 42-47.
  • Antisemitismus und völkisches Denken im Deutschen Mädchen-Wanderbund, in: Historische Jugendforschung. Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung NF 2/2005, S. 197-212.
 

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